rechtliche Aspekte beim Koikauf im Fernabsatz

Hallo Biba,

zunächst einmal musst du dich ganz bestimmt nicht entschuldigen, schon gar nicht bei mir.

Ein Händler löst sich "vom Problem Fernabsatz" schlicht und ergreifend dadurch, dass er nicht über Fernabsatz vertreibt. Das ist eine bescheidene Antwort, aber die einzig passende, denn die Fernabsatzvorschriften sind zwingendes Verbraucherschutzrecht, das niemand umgehen können soll.

Ein Präsenzhändler, den du besuchst, und bei dem du in Ruhe den Fisch deiner Träume aussuchst, hat dieses Problem nicht.

Wie du völlig richtig erkannt hast, leiden letztendlich die Tiere darunter, wenn sie, wie nicht passende Schuhe, hin und her geschickt werden können.
In diesem Zusammenhang darf an das Tierschutzgesetz erinnert werden. Dort heißt es in §1:
"Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen."

Ich persönlich glaube, dass es kein "geistiger Hochspruch" ist, zu erkennen, dass der Transport von Fischen "Leiden" im Sinne dieser Vorschrift verursacht. Stellt sich also nur noch die Frage, ob das zwangsläufige Hin- und Herschicken im Fernabsatz (bei unterstelltem Wiederruf) noch ein "vernünftiger Grund" ist, was meinerseits bezweifelt wird. Das nur nebenbei.

"Vielen Dank für Ihren Auftrag den wir soeben erhalten haben", ist, wie du richtig erkannt hast, sicher keine Annahme, sondern nur eine Zugangsbestätigung deines Angebots. Wie dann die Annahme des Händlers zu Stande kommt, hängt möglicherweise auch von den AGB des Händlers ab.

Nach zwingenden Informationsvorschriften muss der Händler, wenn er einen Webshop betreibt, für den Kunden genau erklären, wie er Angebote annimmt, also der Vertragsschluss von statten geht. Daher denke ich, du solltest die auf dem Webshop des betreffenden Händler mal umsehen. Wenn da nichts zu finden ist, wird es rechtlich etwas schwieriger. Zum einen kann die Annahme"konkludent" also durch schlüssiges Tun des Händlers erfolgen, etwa durch Zusendung der Rechnung. Dies sollte aber zeitnah erfolgen, da Angebote nach dem Gesetz nur sofort angenommen werden können, andernfalls die Annahme als neues Angebot gewertet wird, das seinerseits wiederum angenommen werden müsste (kompliziert eben).

Wenn in den Informationen des Händlers zu finden ist, dass die Annahme durch das schlichte versenden der Ware (in dem FAll ja Fisch) erklärt wird, kann das durchaus so sein.
 
Nochmal an biba (doppelter Verkauf),

das ist sicher kein fernabsatzspezifisches Problem. Ich gebe folgendes Beispiel:

Ich kann meinen gebrauchten PKW mal verkaufen. Alle Kaufverträge sind wirksam. Ich kann allerdings nur 1 Kaufvertrag erfüllen. Mein Problem als Verkäufer. Die anderen 9 Käufer, die leer ausgehen, haben in meinem Beispiel Schadensersatzansprüche gegen mich.

Das leuchtet auch ein. Ein Verkäufer sollte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon wissen, was er verkauft hat und was nicht. Wenn er das nicht genau weis, hat er eben Pech.

Ich hoffe, das genügt so.
Ps: Wer den Fisch in deinem Beispiel tatsächlich bekommt, entscheidet de facto der Händler, der andere bekommt "Schadensersatzansprüche".
 
Hallo Samantha (Asakika),


"wenn ich aber doch einen Koi kaufe/bestelle, diesen in meinen Teich setze, dessen Zustand sich verschlechtert und ich ihn dann zurück schicke, müßte sich doch dadurch die Möglichkeit für den Verkäufer der Wertminderung ergeben, oder? "


Prinzipiell ergibt sich dadurch für den Händler nichts, auch kein Wertersatz.
Ich bleibe bei dem Beispiel mit den Schuhen, das ist anschaulicher. Wenn du Schuhe bestellst, darfst du die anprobieren und damit rumlaufen. Wenn sie dann nicht passen oder nicht gefallen, schickst du die zurück - kein Wertersatz.
Wenn du aber mit den Schuhen (vielleicht teure Lederschuhe) in den Wald gehst, und dort Brennholz sägst, werden die Schuhe sicher beschädigt sein - sicher Wertersatz.

Gemünzt auf den Koi: Der Fisch muss ins Wasser, wohin auch sonst. Wenn du den Fisch nicht gerade in "Salzsäure" schwimmen lässt, und er dann zurückgeht, wird es sicher keinen Wertersatz geben. Wenn der Fisch kränker beim Händler ankommt, als er den Händler verlassen hat, kann der Händler allein aufgrund dieser Tatsache wohl noch nicht unterstellen, dass du mit dem Fisch "Brennholz machen" warst.

Eindeutig ist der Händler in der Beweispflicht, dass du "unsachgemäß" mit dem Koi umgegangen bist. Diese Beweisführung dürfte meiner Meinung nach äußerst schwierig sein, und nur mit einem Tiermediziner möglich sein. Allerdings kann ich mir keinen Veterinär vorstellen, der vor Gericht, aussagt, diese oder jene gesundheitliche Beeinträchtigung ist beim Käufer/Kunden entstanden und nicht beim Händler.

Ganz nebenbei haben wir gerade einen Fall, auf den dieses zutreffen könnte: Koi beim Händler online bestellt und dann abgeholt. Nach einer Woche zeichnet sich eine Beule ab, was im schlimmsten Fall ein Tumor sein könnte. Dem Händler habe ich das natürlich sofort angezeigt und wir werden es weiter beobachten.

Dem Händler anzeigen, dass da eine Beule ist, hilft dir im Grunde nix, was dein Widerrufsrecht nach Fernabsatz angeht. Vorausgesetzt du hast eine ordnungsgemäße Belehrung erhalten, muss binnen 14 widerrufen werden, ansonsten ist das Widerrufsrecht für immer futsch.

Allerdings kann in diesem Fall das Gewährleistungsrecht helfen, da ein Koi mit Tumor oder Beule einen Mangel darstellt. Ich habe aber in meinem Beitrag nichts zur Gewährleistung geschrieben. Das ist ein ganz anderes, aber ebenso spannendes Feld - auch und gerade beim Tierkauf.

Ich hoffe, die Antwort genügt, sonst bitte ich um Nachfrage.

Gruß Wolfgang
 
Hallo Wolfgang,
schwabe72 schrieb:
Ich bleibe bei dem Beispiel mit den Schuhen, das ist anschaulicher. Wenn du Schuhe bestellst, darfst du die anprobieren und damit rumlaufen. Wenn sie dann nicht passen oder nicht gefallen, schickst du die zurück - kein Wertersatz.
Nachfrage zu Deinem Beispiel mit den Schuhen. Meine Tochter bestellt bei Za.... 5 paar Schuhe in zwei Größen und 3 Farben. 4 paar Schuhe gehen zurück.
Übertragen auf den Koikauf. Ich bestelle 5 Koi in unterschiedlicher Größe und Farbvariante. Nach der Ankunft wähle ich mir den aus meiner Sicht schönsten aus und die restlichen 4 schicke ich zurück. Ist meine Vorgehensweise rechtlich abgedeckt?
 
Hallo Mikrobiologie,

genau so ist es. Sinnigerweise sollten von dir dann 5 Kaufverträge geschlossen werden und 4 widerrufen werden, so dass du auch einen Fisch behalten kannst. Das Widerrufsrecht bezieht sich auf jeden Kaufvertrag gesondert. Wenn über alle 5 Fische ein einziger Kaufvertrag geschlossen worden sind, kannst du auch nur diesen einen Kaufvertrag widerrufen, was zur Konsequenz hat, dass alle 5 Fische zurückgehen, und der Fisch deiner Wahl auch weg ist. Einen Teilwiderruf gibt es nicht.

ACHTUNG: Das bloße zurückschicken ist kein Widerruf. Der Widerruf ist eine
Erklärung, die eindeutig sein muss und dem Händler auch zugehen muss.

Das Zurückschicken ist die Konsequenz aus dem (ausgeübten) Widerruf.

Gruß Wolfgang
 
Dieser Thread ist hochinteressant und hochbrisant zugleich.

Denke jetzt werden viele Käufer von ihrem Recht gebrauch machen und viele Verkäufer entweder den Onlinehandel einstellen oder ihre AGB zu verklausulieren versuchen.

In jedem Fall kommt da in den nächsten Jahren bewegung rein. Schätze, es müssen Präzedenzfälle her, um hier eine Regelung im Sinn des Tieres/Tierschutzes zu schaffen.

Ein wundervoller Beitrag. Vielen Dank dafür.
 
Hallo Wolfgang,

Da habe ich mal eine Frage noch zu:

Was ist wenn der Händler aus dem europäischen Ausland (eu) kommt? Der Vertrag ist mit mir in Deutschland zustande gekommen.

Nehmen wir als Beispiel holländischer Händler, seine agb wiedersprechen deutschem Recht.

dazu dann gleich als Ergänzung:
Was wäre wenn der Händler aus der Schweiz kommt?
 
Hallo Thorsten,

vielen Dank für deine Kritik.

In AGB lässt sich dieses Verbraucherschutzrecht nicht umgehen. Ich habe schon viele AGB gelesen, die das auf die eine oder andere Weise, teils auch trickreich, versuchen. Ich habe dafür auch (abgewandelte) Beispiele im Aufsatz gegeben.

All diesen Klauseln ist aber die Wirksamkeit versagt. Konsequenz ist, das die Widerrufsfrist 1 Jahr und 14 Tage beträgt. Der Handel tut sich also mit "Umgehungsklauseln" keinen Gefallen.

Der Handel sollte daher ordnungsgemäß belehren und aufklären. Es wird ja wohl auch nicht jeder Koi, der im Fernabsatz vertrieben wird, durch einen ausgeübten Widerruf zurück zum Händler müssen.

Gruß Wolfgang
 
schwabe72 schrieb:
Es wird ja wohl auch nicht jeder Koi, der im Fernabsatz vertrieben wird, durch einen ausgeübten Widerruf zurück zum Händler müssen.

moin,
nein, das wohl nicht. aber wenn nur genügend onlinekäufer diese umstände kennen bzw. nutzen würden, könnte das so manchem händler das genick brechen. das kann nicht der weg sein...
 
Hallo Wolfgang,

danke für die umfassende Ausarbeitung. :thumright:

Nehmen wir mal den Fall einer individualisierten Ware im Fernabsatz, z.B. ein Türschild mit Kundennamen. Der Verkäufer macht keinen Hinweis auf das nicht vorhandene Widerrufsrecht, da ihm dies offensichtlich erscheint. Wäre dies vom Gesetz her gedeckt oder muss der Händler auf das nicht vorhandene Widderrufsrecht explizit hinweisen?

Gruß,
Frank
 
Hallo Torsten (tosa),

der Auslandsbezug im Fernabsatz ist derzeit juristisch eine "heiße Nummer".

Es lässt sich aber sagen, dass die Einordnung des geltenden Rechts sich nach der sogenannten ROM I Verordnung(Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008) richtet.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung können die Vertragsparteien das anwendbare Recht prinzipiell frei wählen. Allerdings ist dieses Recht durch Art. 6 dieser Verordnung eingeschränkt. Das Verbraucherschutzrecht des Käufers wird immer durchgesetzt. Das gilt, wenn der Käufer Verbraucher ist. Es gilt dann das Verbraucherschutzrecht des Staates, in welchem der Käufer aus Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.

Mit anderen Worten. Ist der Verkäufer EU-Ausländer, der Käufer Verbraucher mit Aufenthalt in Deutschland, gilt deutsches Verbraucherschutzrecht, damit auch das Widerrufsrecht im Fernabsatz, wie beschrieben.

Bei der Schweiz ist das eine andere Sache. Die Schweiz gehört nicht der europäischen Union an. Daher gilt auch die ROM I Verordnung nicht. Näheres zur Schweiz kann ich aus dem Stehgreif nicht sagen. Entweder gibt es sogenannte bilaterale Abkommen mit der Schweiz (Vereinbarung auf Staatsebene Deutschland-Schweiz), die diese Fragen regeln, in Ermangelung eines solchen Abkommens gilt dann Internationales Privatrecht.

Das hilft dir nur im Ansatz weiter. Ich möchte mich zu dieser rechtlich sehr schwierigen Frage aber nicht näher äußern, weil ich auch nicht Gefahr laufen will, etwas falsches kund zu tun.

Im Zweifel würde ich mit einem Händler aus der Schweiz dann halt keinen Vertrag schließen, oder aber vor Vertragsschluss das mit dem Schweizer Händler vereinbaren. Einfach wäre, die Anwendung deutschen Rechts zu vereinbaren. Wenn der Schweizer das nicht mitmacht (was er nicht muss), würde ich im Zweifel die Finger davon lassen. Andernfalls kaufst du möglicherweise nach Schweizer Recht ein, mit den damit einhergehenden Schwierigkeiten.

Gruß Wolfgang
 
Hallo Thomas (Phil)

moin,
nein, das wohl nicht. aber wenn nur genügend onlinekäufer diese umstände kennen bzw. nutzen würden, könnte das so manchem händler das genick brechen. das kann nicht der weg sein...

Da bin ich persönlich leider ganz anderer Meinung. Bitte halte dir vor Augen, dass derjenige Händler, der als Vertriebsform den Fernabsatz wählt, prinzipiell sich dadurch einen größeren Markt (Anzahl potentieller Käufer) eröffnet, als der Präsenzhändler.

Wer diesen Vorteil als Händler nutzt, muss auch den damit einhergehenden Nachteil (Widerrufsrecht) akzeptieren. Erstens ist das in rechtlicher Hinsicht zwingend. Zweitens kann man sich nicht nur die Rosinen rauspicken. Drittens wäre das andernfalls wettbewerbswidrig. Ich erinnere daran, dass diejenigen Händler, die im Fernabsatz vertreiben und das Widerrufsrecht negieren (fehlende oder falsche Belehrung) letztendlich wettbewerbswidrig handeln. Prinzipiell machen sie sich dann für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen angreifbar.

Das kann meiner Meinung nach auch nicht der Weg sein.

Trotzdem Danke für deinen kritischen Beitrag. Das belebt die Diskussion.

Gruß Wolfgang
 
Hallo Frank (OlympiaKoi)

ja, du hast dir die Antwort selbst gegeben. Über ein nicht bestehendes Widerrufsrecht muss auch nicht belehrt werden.

Was aber haben beschriftete Türschilder mit Koi zu tun?
Koi gelten sicher nicht als "kundenspezifische Anfertigung" iSd. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB, oder bist du anderer Meinung?
Hebst du auf diese Ausnahme ab?

Vielen Dank.

Gruß Wolfgang
 
Oben