Und nochmal etwas zu Sandfilteranlagen
Hallo,
der Beitrag von Dieter64 und die Diskussionen sind zwar schon etwas älter, da ich hier aber kürzlich Mitglied geworden bin, will ich etwas mit meinen Erfahrungswerten zum Thema beitragen. Auch, weil das Thema in diesem und anderen Foren zu sehr mit Emotionen geführt wird und stellenweise die Prinzipien der Natur und Technik nicht richtig dargestellt sind.
Vorab: unser Koiteich hat ein Volumen von ca. 40 m³, ist in den verschiedenen Zonen mit Pflanzen bewachsen, (nur) mit 8 Kois bestückt (Normal-Kois und keine Wettbewerbs-Modells ) und liegt im Halbschatten. Beruflich bin ich Dipl.-Ingenieur (Abwasser/Wasserversorgung) und bin seit über 25 Jahren im internationalen Consulting-Geschäft in diesem Bereich tätig, insbesondere in der Abwasserbehandlung.
Wir haben vor 2 Jahren zur Filterung des Wassers auch einen handelsüblichen Sandfilter (80 kg mit trocken augestellter Speck-Magic Pumpe 11 m³/h bei 10m Förderhöhe) UND (!) ein Pflanzenklärsystem zur biologischen Behandlung im Eigenbau installiert (ca. 4 m x 1m). Das Teichwasser wird über einen Skimmer an einer Stirnseite des Teiches in den Sandfilter gepumpt, dann vom Auslauf des Sandfilters über eine Leitung (d: 50 mm) entlang des ca. 12 m langen Teiches am anderen Ende in das ca. 0.5 m höher gelegene bio-System geleitet, durchläuft das System und fällt wie ein kleiner Wasserfall wieder in den Teich, wodurch gleichzeitig die Belüftung sichergestellt ist. Ferner ergibt sich dadurch eine kontinuierliche Ringströmung im Teich (ca. 0.1 m/s) so dass Feinpartikel etc. immer durchmischt werden und die Filterung effektiver ist. Das bio-System ist vom Grundsatz her eine Mini-Pflanzenkläranlage zum Abbau von Nitrit/Nitrat/Ammonium, wie sie in Millionen von Abwasserkläranlagen in verschiedenster Größe weltweit eingesetzt wird (oft als zweite dritte Stufe nach mechanischer Vorklärung). Soweit zu den Hauptkomponenten.
Gründe für diese Auswahl waren mit folgender Priorität (wichtig zum Verständnis vom Rest des Textes!):
a. eine preiswerte Alternative zu Systemen auf dem Markt für eine Koi-Teichgröße von 40 m³ (Investkosten unserer Reinigungsanlage wie oben beschrieben ca. 1000 €, bio-System in Eigenleistung, Kosten der Pflanzen vernachlässigbar)
b. wir haben glücklicherweise überhaupt kein Platzproblem und daher auch die Möglichkeit des Baus einer Mini-Pflanzenkläranlage am Teich
c. je nachdem wie man dazu steht (!), ist die Reinigung eines SF aufwändiger, aber das gesamte System ist ein bekanntermaßen funktionierender ! Reinigungsprozess, der Reinigungswerte erzielt, die koiteichgerecht sind (einfach mit Wassertests zu prüfen). Ich habe einige Probleme im Internet mit den bekannten marktüblichen Filtersystemen gefunden und kam letztlich zu dem Schluss, es daher so zu tun.
Vor diesem Hintergrund haben wir den höheren Stromverbrauch der Pumpe bei einer Sandfilteranlage und die häufigeren Reinigungszyklen gerne in Kauf genommen. Bei dem relativ geringen Invest werden die Stromkosten erst nach 10 bis 15 Jahren anderen Lösungen gegenüber unwirtschaftlicher! Ich hab’s natürlich ausgerechnet, ist mein Tagesgeschäft. Solarbetriebene Pumpen lohnen aus wirtschaftlichen Gründen nicht.
Wenn das Thema Sandfilteranlage (SFA) auftaucht, entladen sich offenbar in den Foren die Emotionen. Ich kenne das in gleicher Form (!) im industriellen Abwasserreinigungs-Geschäft, wenn die Hersteller ihre immer wieder neuen Systeme und entsprechende Verbesserungen anpreisen. Wasser in einem Koi-Teich ist vom Grundsatz her Abwasser (mit organischen und anorganischen Bestandteilen belastetes Wasser), das KEINE speziellen verfahrenstechnische Lösungen erfordert, um die Ablaufwerte für Koi-Teiche im gereinigten / gefilterten Wasser zu erzielen. Hierzu ist eine mechanische und eine biologische Reinigung erforderlich, nicht mehr und nicht weniger (gegebenenfalls noch die Entkeimung für bestimmte Algentypen mit UV Lampen/Systemen, wer’s mag). Wie ich dies erreiche, hängt von meinem Geldbeutel, meinen Erwartungen von "Kois und Koi-Teich", meiner Bequemlichkeit, meiner Kreativität, meinem handwerklichen Geschick, den Marketingerfolgen der vielen Komponenten- und Systemhersteller, meiner eigenen Philosophie, dem Ego etc. ab. Zum Letzteren. Wer wird schon gerne zugeben, dass er nach langer Auswahl ein teures Filtersystem besitzt und dies dann doch nicht so recht was taugt. Viele Lösungen auf dem Markt sind ausgereift und OK. Aber – es geht auch anders!
Wenn ich die Gegenargumente zusammenfasse, wird Folgendes in Bezug auf SFA und Koi-Teiche oft erwähnt:
a. SFA sind absolut untauglich für eine Alleinfilterung
b. SFA sind nur durch extreme Veränderungen brauchbar
c. SFA sind für Koi-Teiche nur bedingt bis überhaupt nicht geeignet
d. SFA sind Gammelfilter oder müssen zu oft gereinigt werden
e. SFA sind Stromfresser
f. Das ebook von Hähnel (Koiteich – Glasklares Wasser) wird verrissen, weil dort solche Systeme angepriesen werden
g. Nur die biologische Behandlung in handelsüblichen Systemen ist koiteichgerecht
Hier meine Antworten zu einer Versachlichung der Diskussion und hoffentlich Hilfestellung für Hilfesuchende:
Zu a.
Stimmt, für Koi-Teiche! Ohne eine biologische Filterung zwecklos. Dieter64 hat aber eine biologische Filterung vorgesehen und ich auch. Und das funktioniert hervorragend.
Zu b.
Wieso? Ein handelsüblicher SF führt in erster Linie eine mechanische Reinigung durch. Mehr braucht er nicht zu erledigen Vergesst die biologische Reinigungsleistung im SF, die des öfteren erwähnt wird, dazu reicht nie und nimmer die Verweilzeit des Wassers in einem SF aus!!
Zu c.
Stimmt nicht, wenn sie mit einer biologischen Reinigungsstufe wie von Dieter64 und mir gebaut, betrieben werden. Dann erledigen sie b. und mehr brauchen sie nicht zu tun.
Zu d.
„Oft“ ist relativ und nur wenn sie IMMER tagelang ohne Reinigung laufen und im Frühling der Filtersand nicht ausgetauscht wird (80€ in unserem Fall), könnte es ein Gammelfilter werden. Aber wer macht das schon, wenn er sich für ein solches System entscheidet? Im übrigen, die Reinigung des SF durch Rückspülen dauert 10 bis 20 Sekunden, und das mache ich auch noch im Frack vorm Diner, wenn's sein muss, das vergessen viele zu erwähnen!
Zu e.
Sie verbrauchen natürlich mehr Strom aufgrund der größeren manometrischen Förderhöhe (ca. 5 bis 7mWS plus sonstige Verluste), die Lösung ist aber wirtschaftlicher als handelsübliche Systeme unter den eingangs erwähnten Voraussetzungen (sehr geringer Invest)
Zu f.
Das Buch wird verrissen, weil es (i) nicht oder nicht richtig gelesen wurde, denn (ii) weist es genau auf die notwendige Kombination von SF plus ! biologischer Reinigung hin und (iii) weil es und Leute wie Dieter64, andere und ich nicht dem gängigen Mainstream nachrennen und sich eigene, funktionierende Lösungen ausgedacht haben.
Zu g.
Das „nur“ ist bekanntermaßen falsch. Ich denke aber, dass solche handelsüblichen Systeme dies leisten, die nachweislich einen biologischen Abbau erzielen. Ich habe mich aus o.e. Gründen für eigene Lösungen entschieden und kenne daher die Details der handelsüblichen Systeme nicht im Detail. Wenn aber das belastete Wasser nur für Sekunden in einem Filter verbleibt, kann kaum von einer biologischen Reinigung gesprochen werden, eher nur von einer physikalischen Filterung. Die „Biologie“ braucht nun einmal eine etwas längere Verweilzeit zwischen Wasser und Filtermedium.
Fazit: Ich würde keinem ins Gesicht springen, nur weil ich mein bevorzugtes System gegenüber anderen empfehlen würde. Jeder sollte sich sein System für seine Rahmenbedingungen (!) aussuchen. Wirksam sind viele technische Möglichkeiten. Ich habe in den Foren oft den Eindruck, dass wir in Deutschland als bekannte Bastler- und Erfindernation mit durchaus hohem, technischen Potential und tollen Produkten dies auch auf die Koi-Teiche übertragen. Wenn wir dem etwas den Mythos nehmen und es gelassener angehen, werden die Kois auch überleben. Unsere Kois (natürlich keine Modell-Kois) tun es seit 2 Jahren, andere gedeihen unter ähnlichen Bedingungen auch ganz prächtig, habe ich selbst gesehen. Und wenn man sich z.B. die Foren überm „Großen Teich“ anschaut, erkennt man eine recht unterschiedliche Koi-Community und eine weniger rigorose Technologiebesessenheit.