Hallo Forum,
auch wenn es sehr kontrovers diskutiert werden kann, oder vielleicht weil darüber trefflich gestritten werden kann, danke ich für diesen Thread.
Was ist eigentlich "artgerecht"? Um diese Frage hinreichend erörtern zu können, richte man sein Augenmerk zunächst einmal auf die Stammväter unserer Haustiere. Sie sehen zwar anders aus, aber physiologisch gleichen sie ja noch weitgehend unseren Haustieren. Der Koi ist ja ein Haustier, dadurch dass wir ihn an bzw. in unser Haus nehmen und unter künstlichen Bedingungen halten. Außerdem haben wir sein Äußeres nach unseren Vorstellungen verändert.
Wenn man darauf schaut, dass der Karpfen ein Fisch großer Flüsse mit angegliederten Seen und Weihern ist, und sein Jahreslauf von Wanderungen, überschwemmten Wiesen und frostigen Monaten bestimmt ist, muss man wohl zugeben, dass Koi in Teichen einem Karpfenleben nicht entspricht, also nicht artgemäß ist. Ein Tier ist das Produkt eines Ökosystems. Es ist ohne dieses Ökosystem nicht existent.
Wenn wir nun aber mit unseren technischen Möglichkeiten das Lebensumfeld simulieren können, also Flussbedingungen herstellen können, ist es durchaus artgerecht. Also wird das Wasser aufwendig geklärt und energiereich gefüttert. Es wird Frischwasser eingespeist und auf Wasserwerte geschaut. In sauberen Flüssen gibt es so gut wie keine Nitrate, Phosphate etc., sie sind nur als Spurenelemente vorhanden. Der pH-Wert schwankt je nach Jahreszeit und auch die Wasserhärte schwankt so wie die Temperatur. Auch kann sich der wandernde Karpfen auf unterschiedliche Wassergüte einstellen. In Teichen dagegen können sich je nach Besatzdichte und Fütterungsintensität sehr wohl Stoffe anhäufen, die der Gesundheit der Fische abträglich sind. Hier kann die Konstitution des Fischs geschwächt sein und Krankheiten treten auf. Karpfen können aber viel ertragen. Die hochgezüchteten Koi dagegen weniger.
Schließlich leben Karpfen niemals allein, sondern immer im losen Verband mit Artgenossen. Er braucht die gelegentlichen Berührungen mit ihnen. Das ist ja normalerweise in jedem Koiteich so.
Wenn wir es so betreiben, dann muss der Hauskarpfen nichts vermissen. Schließlich können wir ihnen noch diese oder jene Abwechslung bieten und uns besonders freuen, wenn wir den Tieren die Freude ansehen.
Trübes Wasser stört die Fische nicht im geringsten. Im Gegenteil habe ich beobachtet, dass sie viel schreckhafter im klaren Wasser sind. Algen sind Wasserpflanzen mit sehr intensiven Lebensfunktionen. Daher wachsen sie sehr schnell und sterben schnell ab, wenn Nähstoffe verbraucht sind. Die Algen ansich stören die Fische ebenfalls nicht, sind allenfalls eine Nahrungsnebenquelle. Doch die starken Schwankungen der Wassergüte, die durch die rasante Algenentwicklung entstehen können, stören die Befindlichkeit der Fische mitunter erheblich.
Nun noch die Winterruhe. Sie ist für die Fruchtbarkeit der Fische aus gemäßigtem Klima unabdingbar. Auch im übrigem Hormonhaushalt ist die Winterruhe wichtig. Nur kranke Fische sollte man ins Warme holen.
Grüße, der Professor :wink: