Was haltet ihr davon hab ich gerade gefunden
Nitrit NO2
Nitrit ist, neben dem bereits erwähnten Ammonium/Ammoniak, ein weiterer Vertreter der im Teich vorkommenden Stickstoffverbindungen. Allerdings ist dessen Ursprung und Entstehung etwas einfacher zu erklären, als dies beim Ammoniak/Ammonium der Fall war. Das Vorhandensein von Nitrit [NO2] setzt zu aller erst einmal auch das
Vorhandensein von Ammonium [NH4] und/oder Nitrat[NO3] voraus. Ohne auf diese beiden Stickstoffverbindungen zurück greifen zu können, existiert kein Nitrit.
Die Entstehung des NO2 im Teichsystem ist ausschließlich auf die beiden biologischen Prozesse der Nitrifikation und der Denitrifiaktion zurückzuführen. Hierbei wandeln darauf spezialisierte Bakterienstämme entweder das Ammonium zu Nitrit um (erste Stufe der Nitrifikation), oder aber Nitrat wird zu Nitrit reduziert.(Zwischenschritt der
Denitrifikation bei der bakteriellen Umsetzung von Nitrat zu Di-Stickstoff N2).
Es wird zwar immer mal wieder davon berichtet, dass hohe Nitrat-Gehalte gepaart mit leistungsstarken UV-C-Vorklärgeräten eine Nitratreduktion zu Nitrit hin bewirken, da mir hierüber jedoch keine fundierten Informationen vorliegen, werde ich dies auch nicht weiterführend behandeln.
Beginnen wir also mit der Entstehung von Nitrit aufgrund der Nitrifikation. Diese läuft vereinfacht dargestellt folgendermaßen ab. In einem aeroben Milieu und bei Vorhandensein von NH4, bilden sich Baktierenstämme, die Nitrifikanten, die Ammonium unter Zuhilfenahme von Sauerstoff zu Nitrat oxidieren. Dies geschieht in zwei Schritten. Im ersten Schritt wandeln die sogenannten Ammoniumoxidierer (Bakterien der Gattung Nitrosomonas und Nitrosococcus) Ammonium zu Nitrit um. Das so entstandene Nitrit wird im zweiten Schritt von den Nitritoxidierern (Bakterien der Gattung Nitrobacter) zu Nitrat oxidiert. Es ist also festzustellen, dass beide Schritte in einem unmittelbaren Zusammenhang zueinander stehen.
NH4 --> NO2 --> NO3
Bei der Denitrifikation, die im übrigen in jedem einigermaßen naturbelassenen Teichsystem stattfindet, wird das so entstandene Nitrat ebenfalls von aeroben Bakterien, den Denitrifikanten (Bakterien der Gattung Pseudomonas) in diversen Teilschritten zu molekularem Stickstoff N2 (gasförmig), CO2 und Wasser reduziert. Der Ablauf der Denitrifikation sieht folgendermaßen aus:
NO3 --> NO2 --> NO --> N2O --> N2 (+CO2, +H2O)
Wenn die Abläufe der Nitrifikation und der Denitrifikation ideal verlaufen, stellt Nitrit kein Problem dar, da es kaum nachweisbar vorhanden sein sollte. Nun existieren allerdings Faktoren die beide Prozesse in ihrem Ablauf nachhaltig stören können. Ein hoher Gehalt an Ammonium z.B. stört den zweiten Schritt der Nitrifikation, was auch unter dem Begriff des "Nitritpeaks" bekannt ist. Übersteigt der Nitritgehalt hierbei gewisse Grenzen, kann es schon mal dazu führen, dass die gesamte Nitrifikation dauerhaft gestört bleibt und nur durch einen Wasserwechsel mit paralleler
gründlicher Reinigung der Filtermedien beseitigt werden kann. Auch medikamentöse Behandlungen im Teich können dieses empfindliche Gleichgewicht einseitig beeinflussen, so dass ebenfalls nur eine Stufe der Nitrifkation davon betroffen ist, während die andere weiterhin ihren Dienst
verrichtet. Letzteres dürfte das bei weitem am häufigsten vorkommende Problem im Teich darstellen.
Ungünstige Umstände können aber auch dazu führen, dass eine gestörte Denitrifikation vorliegt, bei der lediglich Nitrat zu Nitrit reduziert wird, alle weiteren Teilschritte aber weitesgehend ausbleiben. Dies kann als Ursache z.B. eine plötzliche pH-Senkung oder ein künstlicher jedoch
ungewollter Eingriff in die komplexen enzymatischen Vorgänge der betroffenen Baktieren durch Zugabe diverser Chemikalien in das System haben.
Das übermäßige und dauerhafte Vorhandensein von Nitrit im System Teich ist also immer auf eine Störung einer der beiden Prozesse zurückzuführen. Die Gründe hierfür sind jedoch vielfältig. Auch eine ungenügend dimonsionierte Ansiedlungsfläche für Baktieren (z.B. im Teichfilter) kann ein Grund dafür sein. Dies zu bestimmen ist recht einfach, da man hierbei auch immer hohe Ammoniumwerte messen kann. Wenn man nun die möglichen negativen Einflüsse eventuell verwendeter
Chemikalien ausschließen kann, ist dies ein deutliches Indiz für eine quantitativ ungenügende Nitrifikation.
Folgende Faktoren verursachen also das Vorhandensein von Nitrit:
- zu geringe Nitrifikationsleistung (zu wenig Ansiedlungsfläche)
- gewolltes oder ungewolltes Einbringen von diversen Chemikalien (auch Medikamente)
- ein geringer O2-Gehalt deutlich unter 4mg/l (dürfte eher selten anzutreffen sein)
- eine an der max. möglichen Nitrifikationsleistung gemessene zu starke Fütterung und somit Überbesatz
- kurzfristig erhöhte Schwankung beim pH-Wert
- Eintrag von Stickoxiden durch starke Regenfälle (bedingt einen temporären Anstieg des NO2-Gehaltes)
Was nun im Gegenzug an Maßnahmen zur Vermeidung oder Reduzierung des Nitritwertes möglich ist, erklärt sich daraus von selbst. Wie so oft, ist selbstverständlich auch hier der Wasserwechsel ein probates Mittel den Nitritwert zu senken. Meiner Ansicht nach ist dies aber kein dauerhafter Lösungsansatz. Man sollte vielmehr versuchen das eigentliche Problem zu bestimmen und es beseitigen.
Das tatsächliche Gefährdungspotential
Bislang wurde lediglich der Begriff Nitrit verwendet, was im Hinblick auf die tatsächliche Toxizität jedoch nun nicht mehr ausreicht. Ähnlich wie beim Ammoniak/Ammonium verhält es sich beim Nitrit auch. Je nach pH-Wert liegt nämlich immer auch ein entsprechener Anteil der Salpetrigen Säure [HNO2] vor. Und genau dieser Anteil ist es, der für eine toxische Bewertung des Nitrit-Gehaltes in Abhängigkeit vom pH-Wert von Bedeutung ist. Verglichen mit der NH3/NH4-Abhängigkeit, kann man hierbei jedoch den Temperaturfaktor außen vor lassen.
Bereichswerte für die Salpetrige Säure [HNO2] für Habitate von karpfenartigen Fischen lassen sich nach
Schreckenbach folgendermaßen einteilen:
- optimaler Bereich <0,0004mg/l
- eingeschränkter oberer Bereich 0,0004 - 0,001mg/l
- kritischer oberer Bereich bis 0,004mg/l
Hierbei sollte man wissen, dass die Verträglichkeit von Fischen gegenüber Nitrit und der Salpetrigen Säure mit steigendem Salgehalt des Wassers zunimmt. Dies erklärt auch, warum das Aufsalzen des Wassers bei einer möglichen Nitritvergiftung der Fische als erste Notfallmaßnahme wirksam ist.
Und so läßt sich der Anteil der Salpetrigen Säure (nach Deufel) anhand des ermittelten pH-Wertes und des Nitrit-Gehaltes bestimmen:
pH <--> Anteil HNO2 in %
6,5 <--> 0,08
7,0 <--> 0,02
7,5 <--> 0,01
8,0 <--> 0,002
8,5 <--> 0,001
Es ist zu erkennen, dass sich im Hinblick auf die Toxizität, im Gegensatz zum Ammoniak/Ammonium, ein höherer pH-Wert positiv auswirkt, d.h. die Gefährdung mit steigendem pH abnimmt. Eine künstliche Anhebung des pH-Wertes sollte aber niemals als Mittel zur Bekämpfung hoher Nitritwerte eingesetzt werden, da dies nur die Gefährdung durch die meist parallel vorhandenen und ebenfalls erhöhten Ammonium/Ammomiak-Werte begünstigt.
Was uns jetzt auffallen müsste
Man kann nun erkennen, dass die vielfach propagierten Ansätze der Koi-Szene im Hinblick auf Nitrit und dessen Gefährdungspotential, nämlich die Einhaltung von Nitritgehalten in Bereichen von nicht nachweisbar und max. 0,05mg/l, eigentlich kaum nachvollziehbar sind, da bei den üblichen
pH-Werten um 8 herum selbst bei einem Nitritgehalt von 1mg/l der Anteil der Salpetrigen Säure lediglich etwa 0,00002mg/l beträgt und somit nach Schreckenbach eine ansatzweise Gefährdung der z.B. Koi definitiv nicht existent ist. Selbst Forellen würden sich hierbei noch sehr wohl fühlen.
Man sollte also davon abkommen diese 0-Nitrit-Philosophie unter allen Umständen durchsetzen zu wollen, denn pauschal für jeden Teich wird das so oder so nicht möglich sein. Vielmehr sollte dem Nitritwert einzig eine Bedeutung im Hinblick auf eine eventuell vorhandene Störung des gesamten Teichsytems zukommen und als Indiz einer ungenügenden Stickstoffumsetzung zu Rate gezogen werden. Eine panische Überreaktion wegen "etwas" Nitrit im Wasser ist jedenfalls nicht immer angebracht.
Zitat:
Ist es wirklich richtig, dass NO2 als solches in keiner Weise schädlich ist, sondern nur die sich aus ihm bildende Säure ? Das soll jetzt keine Provokation sein - es ist mir ganz einfach neu.
Das ist natürlich nicht richtig. Danke für den Hinweis, denn dieses Kapitel ist tatsächlich etwas zu kurz geraten. Das beweist mal wieder, das eine öffentliche Diskussion über angehende Fachbeiträge unumgänglich ist. Mit einer Provokation hat das wirklich überhaupt nichts zu tun und ich kann dir versichern, dass ich für sachliche Kritik immer ein offenes Ohr haben werde. Mein Beitrag zum Nitrit sollte also noch um folgendes ergänzt werden.
Weiterhin lassen sich die Bereichswerte für Nitrit [NO2] für Habitate von karpfenartigen Fischen nach Schreckenbach folgendermaßen einteilen:
- optimaler Bereich <1,0mg/l
- eingeschränkter oberer Bereich 1,0 - 3,0mg/l
- kritischer oberer Bereich 3,0 - 5,0mg/l
Dies läßt unschwer erkennen, dass die vielerorts beschriebenen Grenzwerte für Nitrit (<0,3mg/l - 0mg/l) deutlich zu niedrig angesiedelt sind und daher so manchen Teichbesitzer ungerechtfertigter Weise verunsichern und zu regelrechten Panikreaktionen verleiten können. Selbstverständlich entspricht es auch dem Optimum wenn Nitrit überhaupt nicht nachweisbar ist, dies muss aber nicht zwingend auch das erklärte Ziel darstellen. Der Aufwand, der teilweise betrieben wird um dauerhaft Werte <0,1mg/l zu realisieren, steht hierbei in keinem Verhältnis, erst recht nicht, wenn der optimale Bereich alles <1mg/l umfasst.
Selbst wenn, wie weiter oben im Text beschrieben, das Vorhandensein von Nitrit im System Teich auf eine Störung bzw. ein Defizit verweist, muss dies nicht zwingend auch eine Reaktion hervorrufen. Ist z.B. die vorhandene Filterfläche einfach nicht in der Lage die täglichen Nitritpeaks, die schon alleine die Fütterung hervorruft, zeitnah zu kompensieren, dann besteht bei konstanten Nitritgehalten unterhalb von 1mg/l kein Handlungsbedarf. Einfacher ausgedrückt, kann man dies auch ganz trocken als einfachen Kosten-Nutzen-Vergleich verstehen. An dieser Stelle soll der Teichbesitzer im Hinblick auf das Nitrit einfach mal wieder etwas desensibilisiert werden, da speziell hierzu wohl am meisten Panik verbreitet wird, was sich Hersteller und Industrie als aller erstes zu nutze machen.
Grüsse Claude :wink: